Die Februar-Folge von High Stakes Poker lieferte eine Hand, die Pokerfans weltweit in Staunen versetzte. Alan Keating callte das All-in seines Gegners mit "nur" dem dritthöchsten Paar – und gewann damit fast $1 Million! Was zunächst wie ein waghalsiger Call wirkt, entpuppt sich bei genauerer Analyse als meisterhaftes Hand-Reading. Im Folgenden nehmen wir die Hand Schritt für Schritt auseinander. Falls du sie noch nicht gesehen hast, gibt es hier das Video:
PREFLOP - Um die Hand richtig zu verstehen, muss man mit der Preflop-Action beginnen – denn hier werden die ersten Weichen gestellt. Steve eröffnet aus dem CO mit 8 s 6 c, Peter callt am Button mit 6 s 3 s, und Keating entscheidet sich im Big Blind für den Call mit 9 d7 d. Interessant ist, dass Peter nicht nur Premiumhände wie AA, KK oder AK callen würde, was im weiteren Verlauf der Hand noch eine entscheidende Rolle spielen wird.
FLOP - Auf dem Board A cK mit7 s setzt Steve eine Continuation Bet, woraufhin Peter mit einem Flush Draw erhöht. Jetzt ist Keating an der Reihe. Normalerweise wäre ein drittes Paar nicht stark genug, um nach dieser Aktion weiterzuspielen. Doch hier kommt das Hand-Reading ins Spiel. Welche möglichen Value-Hände kann Peter haben? Wie bereits erwähnt, hätte er AA, KK oder AK vermutlich bereits vor dem Flop erhöht. Übrig bleiben 77, A7 und K7. Da Keating selbst eine Sieben hält, bleibt nur eine mögliche Kombination für Peters Set: 7 h7 c.Für A7s gibt es ebenfalls nur eine Möglichkeit: A h7 h. K7s existiert in zwei Varianten: K h7 h und K c7 c. Peters Value-Range ist also extrem schmal. Nun zur entscheidenden Frage: Blufft dieser Spieler oft genug? Die Antwort ist ein klares Ja. Da es nur wenige Value-Hände gibt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Peter hier mit einem Bluff spielt. Keating entscheidet sich deshalb für eine Erhöhung, woraufhin Peter mitgeht – und sich damit auf Hände mit gewisser Equity beschränkt, insbesondere Value-Hände und Flush Draws.
TURN 6 h - Keating setzt $58k, und Peter reagiert mit einem Raise auf $175k. Aber würde er das auch mit Two Pair tun? K7s ist eher unwahrscheinlich, selbst wenn A7s in Frage käme. Da es nur eine mögliche Handkombination mit A7s und eine mit 77 gibt, wird seine mögliche Value-Range extrem klein. Die entscheidende Frage: Gibt es Bluffs? Viele Spieler verzichten in dieser Situation komplett darauf. Doch Keating scheint zu glauben, dass Peter hier bluffen könnte. Weil die Value-Range so begrenzt ist, entscheidet er sich für den Call.
RIVER 4 h - Peter setzt seine restlichen 235k in einen 440k-Pot All-In. Damit ein Call profitabel ist, muss Keating in mindestens 26 % der Fälle die bessere Hand halten. Der Flush Draw kam nicht an, und es liegt nahe, dass Peter hier auch mit einem gescheiterten Draw blufft. Die Anzahl der möglichen Flush-Draw-Kombinationen ist deutlich größer als die zwei möglichen Value-Hände, die Peter hier sinnvoll setzen könnte. Wenn er am Turn mit einem Flush Draw erhöht hat, dann hat Keating mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr als 26 % Equity. Er folgt seiner Analyse, callt – und gewinnt fast $1 Million. Ein großartiger Read!